Erklärung der BGS zum 4. Absturz in der Start- und Landezone des Flugplatzes Speyer

Am 26. Mai 2005 mittags setzte beim Anflug auf den Speyerer Flugplatz wieder einmal bei einem Flugzeug der Motor aus. Dieses mal – nach drei tödlichen Abstürzen – gelang eine knappe Notlandung, wobei der Pilot Bäume und Autos rasierte. Die Menschen auf der vollbesetzten Terrasse des Naturfreundehauses kamen mit dem Schrecken davon.

Wäre ein Düsenjet statt des Propellerflugzeuges dort heruntergekommen, hätte dessen Kerosin - wie in Ramstein - die Menschen dort in einer Feuerwalze verbrannt.

In Ramstein verbrannten weniger als 1,4 Tonnen Kerosin. Der zur Zeit in Speyer stationierte Dassault Falcon 2000EX des BASF-Vorstandes schleppt maximal eine Last von 7,5 Tonnen Kerosin in die Luft. Nach der beschlossenen Verlängerung der Landebahn Speyer werden Geschäftsjets mit mehr als 10 Tonnen Kerosin dort häufig starten und landen.

36 % aller Flugzeugabstürze passieren während der Startphase. 55 % aller Flugzeugabstürze geschehen während der Landesphase. Das heißt, 91 % aller Abstürze betreffen den Bereich der Start- und Landezone der Flugplätze.

So wie es an Bächen und Flüssen alle paar Jahre zu einem großen Hochwasser und alle paar Jahrzehnte zu außerordentlichen Hochwässsern kommt, so gibt es im Start- und Landebereich von Flughäfen alle paar Jahre Flugzeugabstürze, Notlandungen und alle paar Jahrzehnte schwere Flugzeugabstürze. Denn dort multiplizieren sich zehntausende Flugbewegungen mit 91 % der Gesamt-Absturzwahrscheinlichkeit.

So wie niemand lange vorher weiß, wann ein starkes Hochwasser kommt, so weiß (von Selbstmordattentätern und Bombenlegern abgesehen) auch niemand vorher, wann ein schlimmer Flugzeugabsturz kommt. Aber so wie es sicher ist, dass irgendwann an jeden Fluß ein starkes Hochwasser kommt, so ist auch sicher, dass es irgendwann im Start- und Landebereich eines Flughafens zu einem schlimmen Absturz kommt.

Deshalb dürfen Wohngebiete, Freizeitanlagen und -gebiete, in denen sich viele Menschen aufhalten, dürfen gefährliche und gefährdete Industrieanlagen wie Raffinerien, Chemiewerke, Tanklager und Atomkraftwerke nicht nicht im Start- und Landebereich von Flughäfen liegen.

Der Start- und Landebereich muss stattdessen über Wiesen, Äcker und Wälder führen.

Alle Speyerer wissen wie die Umgebung des Flughafens Speyer aussieht, sie ist voller Menschen und gefährdeter und gefährlicher Anlagen.

Der Flughafenausbau Speyer bedeutet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Tod einer Vielzahl von Menschen. Er läuft hinaus auf fahrlässige Tötung.

Die Bürgergemeinschaft Speyer fordert daher erneut:

1. Den sofortigen Stop aller Ausbaupläne.

Auch ohne Risikoanalyse fordern wir:

2. Verbot der Nutzung des Flughafens durch Düsenjets.

3. Sollte die Region einen Flugplatz für Geschäftsflugzeuge wollen, dann muss er zwischen den Orten neu errichtet werden. Die Startzone muss z.B. über den Speyerer Wald, nicht aber über die Speyerer Altstadt führen.

4. Wir fordern den Stop des Betriebes des Atomkraftwerkes Philippsburg Block 1 und Weiterbetrieb erst nach Herstellung eines wirksamen Schutzes gegen Flugzeugabstürze auf dem Niveau des Blockes 2. Die Existenz eines nicht gegen Flugzeugabstürze gesicherten Atomkraftwerkes im unmittelbaren Umfeld einer Flugplatzerweiterung widerspricht der SEVESO-II-Richtlinie.

Wir haben zu den Ausbauplänen gesagt: Kein russisches Roulette mit dem Leben der Speyerer! Wir sagen nun auch zum Weiterbetrieb mit Düsenjets: Kein russisches Roulette mit dem Leben der Speyerer!

Die CDU-Bürgermeister und CDU-Stadträte, CDU-MdB Norbert Schindler und die MdL-Bewerber Wilke und Creutzmann, die SWG und die SPD/FDP-Landesregierung fragen wir: Genügt nicht ein Ramstein? Gute Christen interpretieren das Gebot: „Du sollst nicht töten.“, so, dass sie niemals betrunken Auto fahren, um andere nicht in Lebensgefahr zu bringen. Autofahren ist gefährlich und einen Flugplatz betreiben ist gefährlich, jedoch in Ordnung. Aber einen Flugplatz in dieser gemeingefährlichen Lage mit Düsenjets betreiben und ausbauen, ist wie betrunken Auto fahren – völlig unverantwortlich.

Wie gefährlich die Start- und Landezone eines Flugplatzes ist, hat der BASF-Vorstand, anders als seine willigen Helfershelfer in der Politk, klar erkannt. Dem Protokoll der Sitzung der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz vom 11. Mai 2005 entnehmen wir Folgendes über die Stellungnahme der BASF gegenüber dem Raumordnungsverband (ROV) zur zivilen Mitnutzung des Mannheimer US-Militärflugplatzes Coleman:

„Sie hat gegenüber dem ROV geltend gemacht, dass sie im Norden ihres Werkgeländes weiter zu expandieren beabsichtigt und dieses Gelände in die Einflugschneise des Coleman-Flugplatzes zu liegen käme. Die BASF hat daher gegenüber dem Raumordnungsverband Rhein-Neckar unter Hinweis auf die SEVESO II–Sicherheitsrichtlinie zum Ausdruck gebracht, dass sie einer zivilen Mitnutzung von Coleman nur bei einer Verschwenkung der Landebahn zustimmen könne.“

Der BASF-Vorstand wendet sich also gegen die Nutzung des Flugplatzes Coleman, weil sie die Absturzgefahren in dessen Start- und Landebereich auf ihre unbebauten Äcker nördlich ihres Geländes fürchtet, die sie aber noch mit Chemieanlagen bebauen möchte.

Den Speyerer Bürgern, den Bürgern von Rheinhausen und Neulußheim, den Arbeitern der Spezialraffinerie Haltermann und des Tanklagers mutet der BASF-Vorstand dagegen das Risiko des Absturzes ihrer Kerosindüsenbomber zu.

Der BASF-Vorstand hat in Ludwigshafen 13.000 Arbeitsplätze abgebaut. Die unterwürfige Haltung der Politik, die Begehrlichkeiten dieses Vorstandes mit Millionen Steuergeldern und unter Inkaufnahme konkreter Lebensgefahr für die Bürger und Besucher Speyers zu befriedigen, verurteilen wir als sinnlos, unverantwortlich und unmoralisch.

Für Vorstand und Fraktion der Bürgergemeinschaft Speyer
Claus Ableiter

PS:
SEVESO-II-Richtlinie: Richtlinie 96/82//EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen ("SEVESO-II-Richtlinie")

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